Direkt zum Inhalt

Umnutzung Parkhaus Pankstraße

Umnutzung Parkhaus Pankstraße in Berlin Mitte zu Wohn- und Gewerbezwecken; Bestandsaufnahme und exemplarische Entwicklung eines Umnutzungskonzepts unter Berücksichtigung genehmigungsrechtlicher und statischer Parameter

Eckansicht des Parkhauses Pankstraße in Berlin Mitte
Eckansicht Pankstraße
Projektzeitraum:
Typ:
Abschlussarbeit
Profillinie:
Gebauter Raum – Entwerfen, Bauen, Erhalten

Motivation und Zielsetzung

Die Arbeit untersucht an einem konkreten Beispiel das grundsätzliche Potenzial der Umnutzung von Parkhäusern im städtischen Kontext als Beitrag zur aktuellen Debatte über Wohnungsmangel und Nachverdichtung in Ballungsräumen. Ausgangspunkt für die Aufgabenstellung ist das Ziel, auch losgelöst von der gestalterischen Qualität eines Gebäudes durch möglichst umfangreichen Substanzerhalt den Energieaufwand einer Baumaßnahme im Vergleich zu einem vollständigen Neubau zu reduzieren und die aufgrund geringer Auslastung brachliegenden innerstädtischen Flächen schnell einer neuen Nutzung zuzuführen.

Teil 1 – Bestand Parkhaus

Der erste Teil der Arbeit konzentriert sich auf die Analyse und Dokumentation des Bestandes in aktuellem Zustand und Funktion. Als Grundlage zum Verständnis für das betrachtete Objekt wird kurz die Historie der Typologie Parkhaus untersucht, die parallel zur Entwicklung des Automobils im wechselnden Licht des gesellschaftlichen Wandels vom futuristischen Luxusobjekt zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zum heute allgegenwärtigen Massenverkehrsmittel stattgefunden hat. Mit dem technologischen Fortschritt des Autos haben sich auch funktionale und gestalterische Anforderungen an die seiner Unterbringung gewidmeten Bauwerke verändert, doch neben einzelnen ambitionierten Projekten handelt es sich bei der Masse der heute genutzten Parkhäuser in der Regel um für die Funktion optimierte Zweckbauten. Durch die allgemeine Analyse und Typologisierung der Bauaufgabe werden spezifische Attribute wie die besondere vertikale Erschließung mittels verschiedener Varianten von Rampenanlagen, ein stark gerastertes, aufgelöstes Tragwerk, geneigte Deckenplatten zur Entwässerung und niedrige Geschosshöhen aber auch Schadensbilder wie z. B. verdeckt stattfindende Lochfraßkorrosion durch Chloridbelastung aufgrund von Streusalzeintragung deutlich und ermöglichen zumindest teilweise eine Übertragung der in der Einzelfallbetrachtung gewonnenen Erkenntnisse.

Konkret untersucht und dokumentiert wurde das "Parkhaus Pankstraße" im Bezirk Berlin-Mitte. Auch wenn in anderen Teilen der Stadt noch Parkraummangel herrscht, bleiben diese Flächen aufgrund der Lage etwas entfernt von verdichteten Wohn- oder Geschäftshäusern und der fast ausschließlichen funktionalen Zuordnung zum angrenzenden Möbelhaus im täglichen Betrieb in weiten Teilen ungenutzt. Überlegungen zum Umgang mit der vorhandenen Substanz drängen sich auf: wird hier nicht Potenzial verschenkt? Die offene und flexible Struktur lädt zum Experimentieren ein, auch wenn die funktional ausgerichtete Konstruktion auch klare Grenzen aufzeigt.
Da aufgrund der Ablehnung des Eigentümers kein Zugang zu Bestandsunterlagen möglich war, mussten Rückschlüsse aus der Betrachtung vergleichbarer standardisierter Bauweisen gezogen werden. Anhand von hochauflösenden Luftbildern konnte zumindest die Entstehung über mehrere Bauabschnitte im Zeitraum von 1979 bis 1992 nachgewiesen werden. Die offen liegenden Tragelemente des als Kombination von Stahlbeton- und Stahlskelettbau errichteten Bauwerks konnten maßlich gut erfasst werden. Da jedoch keine Bauteiluntersuchungen durchgeführt wurden, liegen keine Informationen über die Qualität der Konstruktion wie etwa Betongüte, und -deckung, Bewehrungsgrad oder die Art der Gründung vor. Belastbare Aussagen über eventuelle Tragreserven können entsprechend nicht gemacht werden. Für eine überschlägige Einschätzung der vorhandenen Bausubstanz wurde auf die bauzeitlich geltenden Normen zurückgegriffen.

Teil 2 – Entwurf Umnutzung

Exemplarisch an diesem Objekt werden die bei der Umnutzung einer solchen Struktur zu berücksichtigen Themen betrachtet, Lösungsvorschläge verglichen und eine abschließende Bewertung vorgenommen: rechtfertigt der Nutzen den Aufwand oder sind die Möglichkeiten doch zu eingeschränkt? Für die Entwicklung der Entwurfsvarianten wurden drei Fragestellungen untersucht:

  • Funktion und Funktionsverteilung
    Die Frage nach einer möglichen neuen Nutzung war über die in der Aufgabenstellung enthaltenen Formulierung "Umnutzung zu Wohn- oder Gewerbezwecken" hinaus völlig offen. Nach dem Vorbild einer Machbarkeitsstudie ohne Vorgaben eines eventuellen Nutzers oder Investors konnte eine für den Standort und das Gebäude angemessenen Funktion gewählt werden. Auf Grundlage von Referenzprojekten wurden mögliche Nutzungsideen gesammelt, zwischen den Polen Wohnen – Gewerbe und Privat – Öffentlich positioniert und nach ihrer Eignung für die vorliegende Situation bewertet. Als Prämisse wurde gesetzt, dass die unteren beiden Geschosse (UG und EG) als Parkraum für das Möbelhaus erhalten bleiben.
  • Erschließung
    Für die Organisation der horizontalen und vertikalen Erschließungswege sowie die Verteilung von Nutz- und Verkehrsflächen innerhalb des gegebenen Grundrisses wurden auf Basis der Anforderungen an Flucht- und Rettungswege sowie der Belichtung schematisch verschiedene Anordnungen von Korridoren und Freiflächen sowie der Umgang mit der Rampenanlage untersucht.
  • Thermische Hülle
    Die Anordnung der thermischen Hülle stellte die größte Herausforderung dar. Durch die Position der Tragkonstruktion in unmittelbarer Nähe zu den Pflanztrögen, die als charakteristisches Gestaltungselement das Gebäude prägen und die einzige aus ästhetischer Sicht erhaltenswerte Komponente darstellen, muss die Dämmebene aufwendig an den Bestand angearbeitet und unvermeidlichen Wärmebrücken durch Flankendämmung begegnet werden. Alternativ können die neuen Funktionseinheiten als eigenständige Elemente eingestellt werden, was jedoch durch die dichte Tragkonstruktion erschwert wird oder ein Teilabbruch und Ersatzneubau der oberen Geschosse vorgesehen werden, dem jedoch die gesetzte Zielstellung zum maximalen Substanzerhalt entgegensteht.

Bei der Wahl der Vorzugsvariante sind die Unsicherheiten bzgl. der tatsächlichen Qualität und Restlebensdauer der Bauteile, die geringen Lastreserven und die geometrischen Einschränkungen eingeflossen. Um aufbauend auf die bestehende Konstruktion langfristig qualitätsvolle, nutzbare Räume errichten zu können, wären so weitreichende Maßnahmen erforderlich, dass sich der Aufwand für die Ertüchtigung vermutlich nicht im Verhältnis zum Gewinn durch den Erhalt der Bestandssubstanz abbilden ließe. Dennoch bleibt die Frage nach einem zweckmäßigen Umgang mit den derzeit vollkommen ungenutzten Flächen in günstiger innerstädtischer Lage bestehen und führte zur Festlegung auf eine niederschwellige Zwischennutzung als Angebot für flexible, temporäre Bedarfe.

Die Einbauten werden als eigenständige, mobile Raumhüllen geplant, die nach Beendigung der Zwischennutzungsphase zurückgebaut bzw. an einen anderen Standort versetzt werden können. Die Eingriffe in den Bestand werden minimiert und konzentrieren sich in erster Linie auf den Korrosionsschutz zur Gewährleistung der Standsicherheit sowie Maßnahmen zur Erfüllung der brandschutztechnischen Anforderungen (Ertüchtigung der tragenden Bauteile, Schaffung einer zweiten notwendigen Treppe) und der Einführung von Schächten für die Vorrichtung von Strom-, Wasser- und Heizungsanschlüssen.

Fazit

Bei der abschließenden Bewertung der Machbarkeit dieses konkreten Projekts tritt vor allem die Bedeutung von Qualität und Zustand der Bausubstanz in den Vordergrund, durch die der Aufwand einer Umnutzung vorrangig bestimmt wird und deren belastbare Beurteilung nur durch tiefer gehende Voruntersuchungen im Einzelfall möglich ist. So lässt sich zwar eine grundsätzliche Vorgehensweise für die Untersuchung der Bauaufgabe abbilden, die auch für vergleichbare Aufgabenstellungen herangezogen werden kann, eine generelle Aussage zu den Entwicklungsmöglichkeiten von Parkhäusern kann aber nicht getroffen werden.

Projektbeteiligte

Projektleitung

Prof. Silke Straub-Beutin
Professorin für Baukonstruktion
Studienfachberaterin Bauerhaltung und Bauen im Bestand (M. Eng.)

Projektleitung

Prof. Dr. Günter Seidl
Professor für Stahl- und Stahlverbundbau
Leiter Baulabor Konstruktiver Ingenieurbau (BKI)

Masterabsolventin

Kathrin Klaus