Pressemitteilung
Topographie der Gewalt: Visualisierung antisemitischer Gewalt im Deutschen Reich
Das UCLAB der Fachhochschule Potsdam hat ein Kooperationsprojekt mit dem Jüdischen Museum Berlin zur raumzeitlichen Visualisierung antisemitischer Gewalt im Deutschen Reich von 1930 bis 1938 abgeschlossen. Die Projektergebnisse werden mit der Eröffnung der neuen Dauerausstellung im Jüdischen Museum sowie online veröffentlicht.
Zum Abschluss einer Forschungskooperation mit dem Jüdischen Museum Berlin, unter Mitwirkung der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz, ist ab sofort eine Visualisierung des UCLAB (Urban Complexity Lab) der Fachhochschule Potsdam zu sehen. Das Projekt widmete sich der Frage, wie raumzeitliche Daten über die gewaltsamen Übergriffe gegen Jüdinnen und Juden sowie jüdische Einrichtungen und Unternehmen zwischen 1930 und 1938 im Rahmen einer Ausstellung angemessen visualisiert werden können. Ergebnisse sind eine animierte Wandkarte und eine interaktive Medienstation, welche in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums zu sehen sind, sowie eine öffentliche Webanwendung, die zur Erweiterung der Daten einlädt.
Das Projekt steht in Zusammenhang mit der aktuellen historischen Forschung, die die „spontanen“ Manifestationen des wachsenden Antisemitismus vor dem Holocaust beleuchtet. Bereits ab 1930, vor allem aber von 1933 bis 1938 nutzten die Nazis rassistische Diffamierung, antisemitische Gesetzgebung und gewalttätige Übergriffe, um Jüdinnen und Juden auf lokaler Ebene zu bedrohen und vom gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben auszuschließen. Die in mehreren Wellen ablaufende Gewalt führte dazu, dass das jüdische Leben in vielen der ursprünglich insgesamt 2.000 Gemeinden im Deutschen Reich bereits 1938 fast komplett verdrängt war.
Die Visualisierung wurde maßgeblich von Fabian Ehmel, Absolvent im Interfacedesign, im iterativen Austausch mit allen Projektbeteiligten gestaltet und entwickelt. Die zugrundeliegenden Daten stellen keine abgeschlossene oder vollständige Erhebung dar, aber geben einen Überblick über die Orte und Zeitpunkte der Gewalttaten sowie über die Täter*innen. Die Ziele der Gewalttaten sind in drei Kategorien gegliedert: Personen, jüdische Einrichtungen (Synagogen, Friedhöfe, Gemeinde- und Privatinstitutionen) und Unternehmen (Firmen und Geschäfte). Besucher*innen können sich mit den der Animation zugrundeliegenden Daten näher beschäftigen und gezielt nach Orten, Jahren oder Täter*innengruppen recherchieren. Außerdem sind die Nutzer*innen der Website eingeladen, den Datenbestand zu erweitern und mit eigenem Wissen über lokale Fälle von Gewalttaten anzureichern.
Den Prototyp und weitere Informationen finden sich hier.