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Rückblick

BiblioCON 2024 – Zwischen bibliothekarischer Zukunft und Bibliothekar*in als Frauenberuf

Eingangsbereich der BiblioCon 2024 in Hamburg
© Heidi Frey

Wie steht es mit der Geschlechterverteilung auf der BiblioCON, bis vor einem Jahr noch Bibliothekartag genannt, im Jahr 2024? Ein Bericht von Heidi Frey.

Die BiblioCON, bis vor einem Jahr noch Bibliothekartag genannt, ist die größte nationale Fortbildungsveranstaltung des bibliothekarischen Berufszweiges und wurde im Jahr 1900 in Marburg das erste Mal ausgetragen. Vom Dienstag, den 04.06.2024, bis Freitag, den 07.06.2024, wurde die Konferenz dieses Jahr zum 112. Mal vom Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare, sowie vom Berufsverband Information Bibliothek e.V. veranstaltet. Der dafür ausgewählte Ort war das Congress Center Hamburg, welches als größtes und modernstes Konferenzzentrum Deutschlands gilt. Neben zahlreichen Vorträgen zu unterschiedlichsten Themengebieten, konnte auch eine Firmenmesse besucht werden, auf welcher die größten Player der Bibliothekswelt versammelt waren. So zum Beispiel Wiley, Hugendubel, die Deutsche Digitale Bibliothek und viele weitere.

Wie bereits erwähnt waren die Themen der Vorträge besonders breit aufgestellt, sodass für jeden Interessenbereich etwas zu finden war. So zum Beispiel wurden Vorträge zu Bibliotheksstrategien, Zugänglichkeit beziehungsweise Barrierefreiheit, Kooperativen Services, Bibliometrie, Digitalisierung oder auch Open Access angeboten. Einzelne Vorträge wurden zweisprachig gehalten. Dabei war dann die Vortragssprache oder die Vortragsfolien in Englisch. Auch gab es verschiedene Formate der Vorträge. Einige beschränkten sich auf das Vorstellen ihrer Themen und danach die Möglichkeit Fragen und Anmerkungen austauschen zu können, aber auch Hands-on Labs wurden angeboten. 

Die Konferenztage waren gefüllt mit zahlreichen Vortragsreihen. Diese dauerten meist zwischen eineinhalb und zwei Stunden an und waren in 3 bis 4 Einzelvorträge zum entsprechenden Thema gegliedert. Nach jedem Vortrag bestand die Möglichkeit, das Wort an die Referierenden zu richten, um Fragen zu stellen oder Anmerkungen zu machen. 

Da die BiblioCON-Tickets für beinah alle Teilnehmenden mit Geld aus dem Fond Gender in der Lehre der Fachhochschule Potsdam gezahlt wurde, schien es sinnvoll im Rahmen dieser Konferenz eine Untersuchung der Geschlechterverteilung zum Beispiel der Vortragsreihen-Moderatoren, der Vortragenden oder auch der Wortmeldungen nach den Vorträgen zu starten. Im Jahr 2024 gilt der Beruf Bibliothekar*in immer noch als Frauenberuf, denn rund 75 % der in Bibliotheken arbeitenden Personen sind weiblich. [1] Es könnte nun geschlussfolgert werden, dass sie demnach auf einer Fachkonferenz auch mehr vertreten und sichtbar sein sollten. 

Die Zahlen besagen, dass die Moderation von Frauen sowie von Männern gleich oft übernommen wurde (bei acht Vortragsreihen, moderierten vier Frauen und vier Männer). Da endet die Gleichstellung aber auch schon wieder. Auf 25 Vorträge kommen 15 männliche Referierende, aber nur 10 weibliche. Auffällig hierbei, meist sind es Persönlichkeiten aus den Führungsetagen oder solche, die wichtige Posten in Bibliotheken besetzen, welche die Vorträge halten. Früher waren die Positionen im höheren Bibliotheksdienst mit mehr Männern besetzt und Berufe im mittleren oder gehobenen Dienst wurden eher als Frauenbereich angesehen. Da diese historisch gewachsenen Strukturen erst seit wenigen Jahrzehnten und häufig auch nur zögerlich durchbrochen werden, sind es oft immer noch Männer, die Bibliotheken leiten. Ein weiterer Grund für männliche Dominanz scheint in der Thematik der technischen Neuerungen in Bibliotheken zu liegen, denn die IT-Bereiche sind heute noch ein männliches Arbeitsfeld und werden so auch von diesen vorgestellt. [2] Auch meldeten sich insgesamt nur 38 Frauen nach den Vorträgen zu Wort, hatten eine Frage oder eine Anmerkung, dagegen aber 55 männliche Konferenzteilnehmer. Wo sind all diese schlauen und wichtigen Frauen, die die Bibliothekswelt zahlenmäßig tragen in diesen Momenten? Weshalb lassen sie sich von Männern in den Hintergrund drängen? Leider wird das Thema Gleichstellung von Mann und Frau im Berufsalltag von Bibliothekar*innen im Studium aktuell gar nicht besprochen, weshalb vielen jungen Personen die Ungleichheiten möglicherweise überhaupt nicht bewusst sind. 

Abschließend soll festgestellt werden, dass die BiblioCON eine großartige Möglichkeit für Student*innen ist, einen Einblick in ihr zukünftiges Arbeitsfeld zu bekommen und zu erkennen, welche Aufgaben und neuen Herausforderungen es zu bewältigen gilt. Auch war es beeindruckend zu sehen, wie offen alle Personen auf der Konferenz waren, Neues zu lernen, Kritik anzunehmen und miteinander zu wachsen. Die bibliothekarische Fachcommunity besteht aus vielen Persönlichkeiten aller Altersgruppen, mit denen man sich auf einer solchen Konferenz hervorragend vernetzen kann. Aus diesem Grund wird eine Teilnahme an der BiblioCon im Jahr 2025 angestrebt und allen anderen Studierenden der Bibliothekswissenschaft wärmstens empfohlen. 

 

Die Exkursion fand im Sommersemester 2024 im Rahmen des Kurses EW BiblioCon 2024 unter Leitung von Prof. Dr. Ulrike Wuttke statt. 

Ein Bericht von Heidi Frey.

[1] Julia Bartlewski, „Erhebung zum Frauenanteil in Leitungspositionen an deutschen Bibliotheken“, LIBREAS. Library Ideas, Nr. 43 (2023) (2023): 39.
[2] „Klassischer Frauenberuf?“, Frauen in Kultur & Medien (blog), 12. Oktober 2022.

Kontakt

Dr. Ulrike Wuttke
Professur für Bibliothekswissenschaft - Strategien, Serviceentwicklung, Wissenschaftskommunikation