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Die Turmanlage der ehemaligen Gaststätte „Neuer Tornow“ der Brauerei Meyer

Bauforschung und Bauaufnahme zur Prüfung der Denkmalwürdigkeit sowie zur Planung von Sanierungsmaßnahmen und möglichen Nutzungskonzepten

Erdgeschoss - Blick in den ehemaligen Fahrstuhlschacht
© C. Novak
Projektzeitraum:
Typ:
Abschlussarbeit

Motivation
Über die Geschichte und die ursprüngliche Nutzung der ziegelsichtigen Turmanlage in der Potsdamer Templiner Vorstadt war kaum etwas bekannt. Es gab einige Anhaltspunkte dafür, dass das Objekt ehemals zu einer Brauerei oder Gaststätte gehörte. Anlass dieser Arbeit war das Bestreben der Eigentümer, eine neue Außentreppe zur Erschließung der Obergeschosse einem möglichen bauzeitlichen Vorbild folgen zu lassen.

Besondere Aufmerksamkeit sollte außerdem der Betrachtung des Turmes in Hinblick auf eine möglicherweise vorhandene Denkmalwürdigkeit sowie seine Einordnung in den zeitgenössischen Potsdamer Gebäudebestand zukommen. Es stellte sich die Frage, ob das Bauwerk wesentliche Kriterien eines Denkmals erfüllt und was sich daraus für eine zukünftige Nutzung ableiten lässt.

Aufgabenstellung
Angesichts der bisher kaum erforschten Vorgeschichte der Turmanlage wird eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit der Objektvergangenheit notwendig. Dafür werden in Archiven und am Bauwerk selbst Informationen ermittelt; sowohl zum bauzeitlichen Erscheinungsbild, der Bauzeit, dem Bauherrn und der ursprünglichen Nutzung als auch zu späteren Umbauten und Nutzungsänderungen. Das Objekt ist mit den in der Bauaufnahme üblichen Werkzeugen eines Aufmaßes, der systematischen Erfassung der überkommenen Substanz in einem Raumbuch, einer bautechnischen Objektbeschreibung und der Kartierung der vorhandenen Schäden allumfassend zu analysieren.

Bei der Entwicklung des neuen Erschließungskonzeptes für die Obergeschosse müssen einerseits die geltenden baurechtlichen Anforderungen berücksichtigt werden, andererseits soll im Entwurf der neuen Außentreppe auch Rücksicht auf das Erscheinungsbild der Anlage sowie die Nutzbarkeit des Hofes genommen werden. Weiterhin sind grundlegende Instandsetzungsmaßnahmen für das gesamte Objekt zu entwickeln, um die vorgefundenen Schäden und ihre Ursachen zu beheben. Für die Instandsetzung sind adäquate Materialien und Techniken festzulegen und die Kosten nach DIN 276 zu ermitteln. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse in Hinblick auf möglicherweise vorhandene Denkmaleigenschaften und angesichts der gesetzlichen Anforderungen sind abschließend mögliche Nutzungsoptionen sowie deren Grenzen aufzuzeigen.

Ergebnisse
Das 1859 erbaute Ensemble aus Turm, Tiefkeller und Wirtschaftsgebäuden diente ursprünglich als Ausschank und Ausflugsziel für die zeitgleich erbaute neue Brauerei von Johann Gottfried Meyer. In den folgenden Jahrzehnten waren hier mehrere Gasthäuser ansässig, später auch Gewerbebetriebe in den Gebäuden und sogar eine Champignonzucht im Keller. Heute ist der Turm das letzte verbliebene Bauwerk der ehemaligen Anlage und wohl eines der ältesten Gebäude des historischen „Tornow“.

Im Rahmen dieser Arbeit konnte die Bau- und Nutzungsgeschichte betrachtet und der technik-, bau- und stadtgeschichtliche sowie kulturelle Wert des erhaltenen Turmes herausgearbeitet werden. Die Denkmalwürdigkeit und Denkmalfähigkeit des Bauwerks konnte anhand der hier vorgestellten Ergebnisse klar herausgearbeitet werden. Erst mit der Anerkennung des Denkmalstatus lassen sich für das Objekt neue, bestandsgerechte Nutzungsmöglichkeiten umsetzen. Zugleich erhalten die Eigentümer durch die Denkmalschutzbehörden eine fachgerechte Beratung zu den bei der Instandsetzung einzusetzenden Bauarten und Materialien sowie zu Fördermöglichkeiten, welche sie beim Erhalt des Bauwerkes unterstützen. Ohne diese Grundvoraussetzung können im Status quo die Anforderungen aus der geltenden Bauordnung, insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes, nicht erfüllt werden.

Für die neue Erschließung der Obergeschosse konnten mehrere Varianten entwickelt werden. Aufgrund der baulichen Situation ist der Zugang auch weiterhin ausschließlich über eine Außentreppe umsetzbar. Die vorgestellten Modifikationen verbinden die Kriterien der gestalterischen Herangehensweise mit den Erfordernissen des Brandschutzes und den räumlichen Gegebenheiten auf dem Gelände in unterschiedlicher Gewichtung. So ließ sich zeigen, dass unter Abwägung der ästhetischen Wirkung, finanzieller Aufwendungen sowie gegebenenfalls weiterer Umbauten zahlreiche Optionen zur Auswahl stehen.

Die Untersuchungen zu den vorhandenen Schäden und ihren Ursachen lassen eine Einschätzung des Schadensausmaßes und damit im Umkehrschluss des Erhaltungszustandes der historischen Substanz zu. Auch wenn das Objekt eine Vielzahl an entfestigten Strukturen und auch teils erheblich geschädigte Bereiche sowie kleinere Umbauten aufweist, hat sich dennoch insgesamt ein in weiten Teilen unveränderter Originalbestand erhalten. Als wesentliche Maßnahmen stellten sich die Sanierung des Daches und der Fassade sowie die Ertüchtigung des statischen Systems heraus. Insgesamt konnte ein Maßnahmenkatalog entwickelt werden, der das Gebäude denkmalgerecht instandsetzt und baurechtlich sowie technologisch dennoch notwendige Anpassungen durch behutsame Eingriffe in die Substanz auf ein Minimum beschränkt. Die Instandsetzung der Turmanlage mit dem vorgeschlagenen Konzept kann damit beispielhaft für die erfolgreiche Kombination aus der Einhaltung der Prinzipien der Denkmalpflege sowie der Wahrung der Eigentümerinteressen stehen.

Kontakt

1. Gutachterin

Prof. Silke Straub-Beutin
Professorin für Baukonstruktion
Studienfachberaterin Bauerhaltung und Bauen im Bestand (M. Eng.)

2. Gutachter

Dipl.-Ing. Roland Schulze, Baudenkmalpflege GmbH

Studierende

Dipl.-Rest. (FH) Claudia Novak