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Denkmalgerechte Konservierung der Außenhülle eines Winkelbunkers in Kirchmöser, Brandenburg

Das Bauwerk soll analysiert und dokumentiert werden, um geeignete Maßnahmen für die Instandsetzung und den dauerhaften Erhalt zu planen.

Ansicht des Winkelbunkers
© M. Makhlouf
Projektzeitraum:
Typ:
Abschlussarbeit
Profillinie:
Gebauter Raum – Entwerfen, Bauen, Erhalten

Geschichte

Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte Kirchmöser zu einem der wichtigsten Industriegebiete in Deutschland. Auf einer Fläche von 500 Hektar wurden etwa 400 repräsentative Fabrikgebäude mit charakteristischer Architektur aus roten Ziegeln errichtet. Dazu gehörte auch die königlich-preußische Pulverfabrik, die 1915 gebaut wurde. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erwarb die Reichsbahnverwaltung das Gelände. Zwischen 1922 und 1926 wurde die alte Pulverfabrik umgebaut und erweitert, um mit dem Bahnwerk Brandenburg/West eine der modernsten Eisenbahnfabrikationen Europas zu errichten. Hauptaufgabe war die Instandhaltung von Lokomotiven sowie die Produktion von Gleisen. Die Fabrik, in der bis zu 2500 Menschen beschäftigt waren, stellte praktisch alles her, was für den Eisenbahnbetrieb benötigt wurde, darunter Geldscheinlochzangen und Handlaternen für Schaffner.

Die Eisenbahnproduktion bestand bis etwa 1942, als das komplette Werk auf Veranlassung der Wehrmacht demontiert und in die Ukraine verbracht wurde. Bis zum Kriegsende wurde das Werk zur Produktion von Panzern und Panzerteilen umfunktioniert. Die Rote Armee ließ nach Kriegsende des Werks demontieren, nutzte es zum Teil als Panzerreparaturwerk und betrieb eine Kaserne auf dem Gelände. Im übrigen Bereich nahm das „Reichsbahnausbesserungswerk Brandenburg/West“ wieder seinen Betrieb auf. In der Nachkriegszeit zogen eine Reihe andere Betriebe in die Gebäude und Anlagen ein, u. a. ein Weichenwerk und ein Teil des Walzwerks Brandenburg.

Der Bunker, mit dem sich diese Arbeit beschäftigt, wurde als Schutzraum für die kriegswichtigen Mitarbeiter der umliegenden Industrieanlagen des Eisenbahnwerkes errichtet. Er entstand 1939, wurde von Leo Winkel ca. 1934 entwickelt und erhielt dadurch seinen Namen „Winkelbunker“. Dieses Bauwerk befindet sich zum größten Teil über der Erde. Sein steil abfallendes Dach und die ungewöhnliche Form sollten nicht nur eine geringe Angriffsfläche für Bomben bieten, sondern bei einem Treffer für ein Abgleiten ohne Explosion sorgen. Geplant war ein Schutzraum für bis zu 168 Personen. Der Bunker ist zusammen mit den ehemaligen Industrieanlagen als Baudenkmal in der Denkmalkarte von Brandenburg an der Havel ausgewiesen.

Ziel und Aufgabenstellung

Ziel dieser Aufgabe ist es, das Bauwerk zu analysieren und zu dokumentieren, um geeignete Maßnahmen für die Instandsetzung und den dauerhaften Erhalt zu planen. Zur Bewertung des gegenwärtigen Zustands wurde der Bunker dokumentiert anhand von Plänen und Scans sowie zur Erfassung von Schadensbildern mittels einer Fotodokumentation analysiert. Die erfassten Schäden wurden mit den Methoden der Bauwerksuntersuchung durch zerstörungsfreie Prüfverfahren untersucht, um deren beeinflussenden Faktoren zu ermitteln.

Auf dieser Grundlage erfolgte im Rahmen der Masterthesis die Konzeptionierung von denkmalgerechten Instandhaltungsmaßnahmen, insbesondere für die Betonkonstruktion des Bauwerks. Es wurde ein Vorschlag für die künftige Nutzung vorgestellt, mit dem ein dauerhafter Erhalt der Substanz ermöglicht wird. Ein denkmalgeschütztes Bauwerk sollte nicht ungenutzt leer stehen, sondern durch angemessene Nutzung mit Leben erfüllt werden, um im Wandel der Zeiten fortbestehen zu können und dem Verfall zu entgehen. Im Zuge dessen werden sowohl die baurechtlichen als auch auf die denkmalpflegerischen Vorgaben erörtert. Abschließend wird eine Schätzung der Baukosten nach DIN 276 durchgeführt, um den finanziellen Aufwand für den Erhalt und die vorgeschlagene, künftige Nutzung zu berechnen.

Bauwerkanalyse, Instandsetzungs- und Umnutzungskonzept

Es wurden für eine qualitative Schadensermittlung zerstörungsfreie und zerstörende Prüfverfahren sowie Laboruntersuchungen eingesetzt, wie z. B. die Ermittlung der Betondruckfestigkeit mittels Rückprallhammer, Feststellung der Bewehrung mit dem Bewehrungsortungsgerät Hilti PS300, Bestimmung des Feuchtigkeitsgehalts des Betons an verschiedenen Bauteilen mit dem Hydromette CH 17. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass das Bauwerk eine Reihe von Rissen unterschiedlicher Beschaffenheit, Feuchteschäden mit Karbonatisierung des Betons und Korrosionsschäden, Kalkausbühungen an innenliegenden Bauteilen, wie Decken und Einbauten, aufweist. Als Ursachen dafür wurden Spannungen in der Hülle infolge von Temperatur- und Feuchteeinwirkungen sowie mangelnder Durchlüftung und äußere Witterungseinflüsse ermittelt.

Die Instandsetzung erfolgt nach denkmalpflegerischen Bedingungen. Es wurden mehrere Varianten zur Instandsetzung beschrieben. Die Vorzugsvariante besteht darin, zunächst die Trennrisse kraftschlüssig zu sichern. Haarrisse, Oberflächenbeschädigungen durch witterungsbedingte Auswaschungen sowie durch Oberflächenreinigungsarbeiten zur Entfernung von Bewuchs, Versinterungen, Ausblühungen, Verschmutzungen und Graffiti werden durch eine materialgerechte Mörtelbehandlung beseitigt. Zur Konservierung wurde eine Tiefenhydrophobierung gewählt. Dieses Verfahren erlaubt eine möglichst authentische Wiederherstellung der Hülle. Die Innenräume sollen in bauzeitlicher Ausstattung und Erscheinung mit moderner Technik für Heizung, Lüftung und Elektrik kombiniert werden, um eine Nutzung als zeitgemäßen, modernen Ausstellungsraum zu ermöglichen und dabei als historisches Dokument erhalten zu werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Das Bauwerk stellt ein interessantes Zeitdokument aus der Phase des Nationalsozialismus und des 2. Weltkrieges dar. Die erstaunlich raffinierte Konstruktion und die Einfachheit des Konzeptes können dabei aber nicht über die Bedeutung als warnendes Symbol hinwegtäuschen. Um gerade Letzterem gerecht zu werden, sollte das Bauwerk erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die räumlichen Möglichkeiten des Bauwerks nutzend, können dabei sowohl informative wie aufklärende Bildinformationen und Wortbeiträge über die Geschichte und den Zweck als Instrument des Krieges in Szene gesetzt werden. Aber auch über die technische Seite der „Baukunst“ bei der Herstellung eines Ingenieurbauwerkes darf informiert werden.

Innovative, heutige technische Mittel stellen einen wesentlichen Faktor bei der Instandsetzung und dem Erhalt der Substanz dar. Der Bunker eignet sich aufgrund seiner überschaubaren Ausmaße und der komplexen bautechnischen und funktionalen Anforderungen als ideales Forschungsprojekt. Die baulichen und finanziellen Aufwendungen bei der Instandsetzung und den zu erwartenden Unterhaltsmaßnahmen dürfen nicht unterschätzt werden. Dies sollte als gesellschaftliche Aufgabe verstanden und nicht einem privaten Eigentümer allein überantwortet werden.

Projektbeteiligte

1. Gutachter

Prof. Dr.-Ing. Jörg Röder
Professor für Bauwerkserhaltung, Bauen im Bestand und Holzbau
Studienfachberater Ing•Bau – Bauwerkserhaltung und Neubau im Ingenieur- und Hochbau (M. Sc.)
Leiter Baulabor Konstruktiver Ingenieurbau (BKI)

2. Gutachter

Prof. Andrei Walther
Honorarprofessor für Bauwerksanalytik und Zerstörungsfreie Prüfverfahren
Praxisorientierte Bauwerksanalyse S1

Masterabsolventin

Meriem Makhlouf