Sanierungs- und Erweiterungskonzept Schulgebäude Friedensstadt
Sanierungs- und Erweiterungskonzept mit dem Ziel der Wiedernutzung für das denkmalgeschützte Schulgebäude der Friedensstadt Weißenberg in Glau
Motivation
Die 1933 bis 1934 am Südhang der Glauer Berge errichtete Schule in der Birkenstraße 20 ist Teil der Friedensstadt Weißenberg, die sich zwischen Blankensee und Glau in Brandenburg befindet. Die Friedensstadt formte sich als Christliche Siedlungsgenossenschaft Waldfrieden zwischen 1920 und 1935. Die Initiatoren waren Joseph Weißenberg und seine Anhänger, die spätere Johannische Kirche.
Die Siedlung konnte nicht fertig gestellt werden, da sie im Zweiten Weltkrieg von der SS besetzt und die Siedlungsgenossenschaft enteignet worden war. Nach dem Krieg richtete die sowjetische Armee dort eine Garnison ein und gab der Evangelisch-Johannischen Kirche vorerst nur das Kirchengebäude zurück.
Als 1994 die gesamte Siedlung wieder an die Johannische Kirche ging, wurde die Siedlung schrittweise saniert. So sollte auch die Schule, entworfen von Hans Brandt, wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt werden. Hierzu wurde 2003 ein Bauantrag gestellt, der die Planung für eine private Grundschule beinhaltet. Die Umsetzung kam jedoch aufgrund fehlender finanzieller Mittel ins Stocken und es konnten nur Teilbereiche saniert werden. Zudem wurde das Schulgebäude 2008 unter Denkmalschutz gestellt, somit ist der Bauantrag in seiner ursprünglichen Form nicht mehr vorlagefähig. Das Schulgebäude der Friedensstadt gilt als herausragendes Beispiel für das Neue Bauen. Es ist eines der bedeutendsten Gebäude dieser Stilrichtung in Brandenburg und trägt zudem erheblich dazu bei, das Wirken des Architekten Hans Brandt nachzuvollziehen.
Aufgabenstellung
Das Schulgebäude der Friedensstadt wurde von Michael Schulze von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Teltow-Fläming als Objekt für die vorliegende Masterarbeit empfohlen. Herr Schulze stellte zudem den Kontakt zum Bauherrn, dem Schulverein der Friedensstadt, her.
Die vorliegende Masterarbeit beinhaltet eine vollumfängliche Recherche der zum Schulgebäude vorliegenden Unterlagen, sowie die Darstellung der enthaltenen Informationen. Der aktuelle Zustand des Gebäudes wird über neue Bestandspläne, ein Raumbuch, einen Schadenskatalog, sowie Baualterspläne mit Begleittext dargestellt. Diese Dokumente wurden nach der Recherche und einer umfänglichen Begehung und Bauaufnahme des Objektes erarbeitet.
In der Masterarbeit wird zudem ein neuer Entwurfsvorschlag für die Grundschulnutzung erstellt, der sowohl die Belange des Schulvereins als auch die des Denkmalschutzes berücksichtigt. Näher diskutiert werden eine übergeordnete Gebäudeumgebungsplanung, die Realisierung von notwendigen Anbauten, der Brandschutz, die Integrierung von Bibliothek, Kapelle (Raum der Stille), Schulspeisung und Veranstaltungsraum, die Tragfähigkeit der Decken- und Fußbodenkonstruktionen, sowie der Luft- und Trittschallschutz. Des Weiteren wird für die Sanierung der Fassade die Beprobung des historischen Putzes in den Laboren der Fachhochschule Potsdam veranlasst, so dass mit den Ergebnissen ein neuer Putz hergestellt werden kann, der dem historischen Vorbild gleicht.
Ergebnisse
Mit den Recherchearbeiten zur Geschichte des Ortes und der Bauhistorie des Gebäudes lässt sich das Gebäudeensemble im Kontext der Zeit betrachten. Die dokumentarische Aufnahme des gegenwärtigen Bestandes und die darauffolgende ausführliche Analysearbeit schafft eine Planungsgrundlage als Unterstützung für die zukünftig umsetzbare Sanierungsplanung und -ausführung. Durch die erhaltenen historischen Pläne und Fotos der Anlage lassen sich meist Rückschlüsse auf die ursprüngliche Bauausführung des Schulgebäudes herstellen.
Entwurf
Der Entwurfsvorschlag stellt dar, wie die Fassade auf ihren ursprünglichen Charakter zurückgeführt werden könnte und mit möglichst wenig Eingriffen in die Grundsubstanz ein funktionales Schulgebäude umgesetzt werden kann. Jegliche Anbauten an die Gebäudehülle sind durch ihre Form- und Oberflächengestalt vom ursprünglichen Bestand abzugrenzen und zeigen sich für den Betrachter hauptsächlich im Schulhof, welcher von der Straßenfront kaum einsehbar ist. Für die Außenanlagen des Schulgeländes bieten die Neubauten einen großen Mehrwert für die zukünftige Nutzung. Im Besonderen sind hier die unterirdische Bibliothek mit begehbarem Gründach und Theatersituation, die abgerückte Kapelle als Raum der Stille und die großzügigen neu angelegten Wegeanlagen zur barrierefreien Erschließung des Gebäudes und des umliegenden Geländes mit einer zugehörigen Sporthalle zu nennen. Indes sich das äußere Erscheinungsbild gut dokumentarisch belegen lässt, müssen im Inneren des Gebäudes mehr Annahmen getroffen werden. Deren Auslegungsfragen wurden in diesem Entwurf zugunsten der Funktionalität der neuen Schulnutzung entschieden. Im Allgemeinen wurde in diesem theoretischen Planungsvorschlag die Prämisse verfolgt, das Gebäude weitestgehend auf einem dem bauhistorisch ähnlichen Ursprungszustand zurückzuführen. Außerdem wurden Einzelthemen beleuchtet, die den übergeordneten Brandschutz, die Tragfähigkeit der Stahlsteindecken und der Bodenaufbauten sowie die Schallschutzmaßnahmen in den Klassenräumen betreffen. Der Bestandsfassadenputz konnte mehreren Analysen unterzogen werden, so dass sich konkrete Aussagen zu dessen Zusammensetzung treffen lassen.
Mit dem theoretischen Planungsvorschlag soll eine unterstützende Grundlage geschaffen werden, mit der ausführungsbedingte Anpassungen oder Abweichungen vom historischen Bestand diskutiert werden können. Unter Hinzuziehen der erstellten Dokumentationen, Analysearbeiten, Bestands- und Baualterspläne können schlüssige Lösungen und Kompromisse im Sinne des Gebäudes und des zukünftigen Nutzers gefunden werden. Gerade das Raumbuch, sowie die aktuellen Bestandspläne können für weitere Planungen und die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege genutzt werden. Die Arbeit versteht sich des Weiteren als Sammlung von vorhandenen bauhistorischen Dokumenten zum Gebäude, die in analoger und digitaler Form zusammengestellt wurden.
Ausblick
Der gegenwärtige Zustand des Gebäudes ist insofern schwierig, als dass die unteren Ebenen saniert sind und genutzt werden, wohingegen die oberen Ebenen sich in einem entkernten Rohbauzustand befinden. Dadurch, dass der ursprüngliche Bauantrag seine Gültigkeit verloren hat, wird die Sanierung des Gebäudes zurzeit mit Einzelmaßnahmen und Teilgenehmigungen aufrechterhalten. Der ursprüngliche Bauantrag von 2003 lässt jedoch die denkmalpflegerischen Belange der späteren Unterschutzstellung außer Acht, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Rückbauten der bereits ausgeführten Arbeiten sehr hoch ist. Es wird empfohlen in proaktiver Zusammenarbeit mit der Behörde für Denkmalpflege ein übergeordnetes Nutzungs- und Sanierungskonzept für das Gebäudeensemble zu erarbeiten. Daraus könnte ein neuer Bauantrag entstehen und eine Grundlage zur Akquirierung von Fördermitteln. Parallel sollte das Thema der Trägerschaft für den Schulbetrieb geklärt werden, um neben den Fördermitteln für denkmalpflegerische Maßnahmen auch Gelder zur Realisierung der neuen Schule beantragen zu können. Mit einer übergeordneten Planung und ersten Fördergeldern kann anschließend eine Ausführungs- und Detailplanung erstellt werden. Somit können sowohl die Bemühungen in Profession als auch Ehrenamt zielgerichtet koordiniert werden. Die neu entstandene Planung sollte das Ergebnis einer kooperativen Zusammenarbeit sein und die Belange von schulpädagogischer Nutzung, Denkmalpflege und baulicher Ausführung verknüpfen.
So wird es in naher Zukunft möglich sein mit der Zusammenarbeit aller das Gebäude zum ersten Mal umfassend in der ursprünglichen Bestimmung zu nutzen – als Schule der Neuen Moderne.
Projektbeteiligte
Projektleitung
Projektleitung
Dr. Jo Sollich
Dipl.-Ing. Architekt
Masterabsolventinnen
- Sarah Laukner
- Senta Klauke