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Interdisziplinäre Sprechstunde für die Landeshauptstadt Potsdam

Aufbau und Evaluation eines multiprofessionellen Teams zur Unterstützung mehrfachbelasteter Familiensysteme und Vernetzung im Sozialraum

Vier rote Stühle in einem Wartezimmer vor einer geschlossen weißen Tür
© AdobeStock/peterschreiber.media
Projektzeitraum:
Typ:
Transferprojekt
Kooperationspartner:
  • Landeshauptstadt Potsdam
  • IFFE e.V.
Finanzierung:
Landeshauptstadt Potsdam

In den letzten Jahren wurden zahlreiche medizinische und psychosoziale Faktoren ermittelt, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen beteiligt sind (zum Beispiel zu frühe Geburt, chronische Erkrankungen und Behinderungen von Kindern, Vernachlässigung, frühe Elternschaft, psychische Störungen der Eltern, Sucht). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Entwicklung von Kindern einen ungünstigen Verlauf nimmt, steigt besonders in den ersten Lebensjahren mit der Häufung der Risikofaktoren. Ein frühzeitiges Erkennen von Risikolagen ist daher zentral, denn gerade bei mehrfach belasteten Familien besteht die Gefahr, dass medizinische, sozial emotionale, kognitive, sprachliche Störungen sich chronifizieren und auch weitere Entwicklungsmöglichkeiten beeinträchtigen.

Gleichzeitig erfordert die komplexe multifaktorielle Bedingtheit sowohl unterschiedliche spezifische fachliche Kompetenzen in den Bereichen Früherkennung und Frühberatung als auch eine Perspektive über Resortgrenzen hinaus. Diese multiprofessionelle Kooperation und interdisziplinäre Zusammenarbeit stellen jedoch eine eigene Herausforderung dar. Nicht zuletzt, da die Kooperation unterschiedlicher Professionen immer auch die Anerkennung eigener fachlicher Grenzen beinhaltet. Diese Prozesse müssen strukturiert und koordiniert werden.

Das Ziel dieses anwendungsorientierten Forschungsprojekts ist die konzeptuelle Erarbeitung und nachhaltige Etablierung eines sozialräumlich ausgerichteten, interdisziplinären Ansatzes im Rahmen der Frühen Hilfen.

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Interdisziplinäre Sprechstunde" bündelt die Expertise von medizinischen, psychologischen und sozialen Fachkräften in der konkreten Erfahrung gemeinsamer Arbeit. Im multiprofessionellen Austausch entsteht ein vertieftes Fallverstehen anhand aktueller hochbelasteter Familienkonstellationen, woraus Empfehlungen für passgenaue Hilfen erarbeitet werden. Die "Interdisziplinäre Sprechstunde" stellt konkret ein strukturiertes Format interdisziplinärer Fallarbeit dar, inklusive Vor- und Nachbereitung (siehe Abbildung).

Die grundlegende Annahme ist, dass durch den Aufbau des sogenannten Kernteams aus dauerhaft beteiligten Expert*innen und dessen Arbeit in Kooperation mit fallspezifisch beteiligten Expert*innen langfristig das sozialräumliche Netzwerk im Sinne eines transaktiven Gedächtnissystems etabliert wird.

Drei Säulen: Vorbereitung, Sprechstunde, Nachbereitung
Schematische Abbildung zur Rahmenstruktur einer "interdisziplinären Sprechstunde". © Karsten Krauskopf

 

In einer prozessorientierten Gesamtevaluation in Zusammenarbeit mit der FH Potsdam werden die gemeinsamen Fallbesprechungen anhand eines Mixed Methods-Ansatzes in regelmäßigen Zeiträumen mithilfe eines Online-Fragebogens und vertiefenden qualitativen Interviews begleitet.

Zum Ende des ersten Projektjahres 2021 ist der Ausbau von Netzwerkstrukturen in der Landeshauptstadt Potsdam und einer systematischen Verständigung zwischen Berufszweigen und Angeboten gelungen. Kooperationspartner*innen im Rahmen der Sprechstunde sind Expert*innen u. a. der folgenden Einrichtungen:

  • Frühförderung Oberlinhaus
  • Frühförderung AWO
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie (Ernst von Bergmann Klinikum)
  • Gesundheitsamt Potsdam
  • API Potsdam
  • Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ)
  • Beratungsstelle Lösungswege
  • Erwachsenenpsychiatrie
  • Eltern-Säuglings-Kleinkindtherapeut:innen
  • Emmi-Pikler-Haus
  • Kinderkrise
  • Fachstelle Kinderschutz
  • Familienzentrum Potsdam

Erweiterungsmodul Interdisziplinäre Sprechstunde

Um die Fachkompetenz des Kernteams der Interdisziplinären Sprechstunde einer größeren Anzahl von Fachkräften zugänglich zu machen, soll neben der bisher monatlichen Fallvorstellung, ein strukturiertes Format entwickelt und implementiert werden, das ein flexibles Hinzuziehen von Expert*innen aus dem Kreis des Kernteams zu Fallbesprechungen und Fachrunden ermöglicht.

Dieses Angebot richtet sich an Fachkräfte aus Kriseneinrichtungen, an Familienhebammen, an Fachkräfte aus Gemeinschaftsunterkünften, an Fachkräfte der Frühförderung und der Schwangerschafts- und Familienberatungsstellen sowie an Fachkräfte der Jugendhilfe. Dieser Personenkreis, mit Fällen, bei denen Kinder von 0 – 3 Jahren involviert sind, soll die Möglichkeit erhalten, auf das spezifische Wissen der Expert*innen aus der Interdisziplinären Sprechstunde zurückzugreifen.

Kontakt

Projektleiter

Professor für Psychologie in der Sozialen Arbeit

Projektbeteiligte

  • Astrid Kunze
  • Bärbel Derksen
  • Ann-Kathrin Keßner (studentische Mitarbeiterin)
  • Madlen Kiener (studentische Mitarbeiterin)
  • Anja Kosmider-Maas (ehem. studentische Mitarbeiterin)