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Wandmalerei | Gedenkstätte Ravensbrück, ehemalige "Neue Wäscherei"

Neben einer allgemeinen Bestandserfassung aller Räumlichkeiten des langgestreckten Gebäudes der "ehem. Neuen Wäscherei" erfolgte im Rahmen des Studienprojektes eine Farbuntersuchung innerhalb des großen Speiseraumes.

Gesamtansicht des Gebäudes der eDas Gebäude der ehemaligen "Neue Wäscherei"
Das Gebäude der ehem. "Neue[n] Wäscherei"
Projektzeitraum:
Typ:
Lehrprojekt
Studentisches Projekt

Ort: 16798 Fürstenberg/Havel , Gedenkstätte Ravensbrück
Objekt: Ehem. "Neue Wäscherei"
Räumlichkeiten: Wirtschaftsgebäude: ehem. "Neue Wäscherei"; detaillierter: Speiseraum
Entstehungszeit: 1943 – 1945

Aufgabenstellung

Aufgrund des sehr langgestreckten Gebäudes der ehem. "Neuen Wäscherei" wurde sich als Aufgabenstellung des Projekts neben einer Übersichts-Bestandserfassung aller Räumlichkeiten (=> Raumbuch: Erstellen eines Grundrissplans (ohne Anspruch auf Maß-Genauigkeit) mit der Durchnummerierung aller Räume) für eine Farbuntersuchung innerhalb des großen Speiseraumes (=> eigene Nummerierung: Nr. 6) entschieden, also das Anlegen von Stratigrafien sowie die Farbwertbestimmung der ermittelten Farbschichten mit dem NCS-System, das Fotografieren und Auswerten der Befunde, eine Archivrecherche zum untersuchten Objekt und das Erstellen einer Dokumentation in Schrift und Bild. Damit wurde der Ist-Zustand an Raumkubatur und Ausstattung, wie die Räume von den Sowjets in den 1990er Jahren verlassen wurden, überblicksmäßig dokumentarisch festgehalten.

Geschichte

Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück wurde ab 1938 von der SS als sog. Schutzhaftlager errichtet. Es wurde in direkter Nachbarschaft zur Stadt Fürstenberg an der Havel als eine komplette eigene Ortschaft gebaut mit aller technischen Infrastruktur, der Wohnsiedlung des SS-Personals, Straßennetzen, Gleisanlagen, Fabrikgebäuden, Baracken zur Unterbringung der Häftlinge, diversen Funktionsbauten etc. Mittlerweile wurde das Gesamtgelände weitgehend überformt und abgeräumt. Das Lagergelände wurde nach Übernahme zum zweitgrößten Standort der Sowjetarmee in Ostdeutschland nach Wünsdorf ausgebaut, folglich die Baulichkeiten für weitere Zwecke nachgenutzt. Durch die sofortige (Weiter-)Nutzung des Komplexes nach 1945 hat sich immerhin die Grundstruktur der Gesamtanlage weitgehend erhalten sowie eine beachtliche Anzahl baulicher Anlagen. Die Sowjetischen Streitkräfte, die noch bis 1994 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers stationiert waren, haben das Wirtschaftsgebäude nördlich der Lagermauer bis 1994 als Kantine genutzt. Nach dem Abzug der GUS -Streitkräfte wurde zum 50. Jahrestag der Befreiung 1995 der ehemalige Lagereingangsbereich zugänglich gemacht.

Die ehemalige "Neue Wäscherei"

Das Gebäude ist ca. 88 m lang und mit Risalit etwa 15 m tief, nördlich der Lagermauer in Ost-West Richtung ausgerichtet und mit einem Flachdach gedeckt. Die Möglichkeit zum Betreten besteht von Westen, Süden und Norden. Es bestehen widersprüchliche und uneindeutige Aussagen in der Literatur sowohl hinsichtlich der Bezeichnung der Gebäude nördlich der Lagermauer als auch ihrer Verortung. Als "Wäscherei mit Häftlingsbad und Entlausungs- und Entwesungsanlage" beschreibt Barbara Schulz (In: Hefte der Brandenburgischen Denkmalpflege 2016/1S. 40 – 72) einen ca. 160 m langen, Ost-West gerichteten Gebäuderiegel, genehmigt am 10.06.43. Auf entsprechendem Grundrissplan wird der Hinweis gegeben auf ein weiteres "später geplantes Wirtschaftsgebäude", welches dem Westgiebel der Wäscherei bündig vorangestellt werden sollte. Dieses sog. Wirtschaftsgebäude sollte mit 240 m Länge und 2 Seitentrakten eine Dreiflügelanlage ausbilden. Das östlich benachbarte wurde unter vermindert architektonischem Aufwand realisiert. In einem barackenähnlichen Bau wurde das "Häftlings-Duschbad" und die "Entlausungs- und Entwesungsanlage" eingerichtet.

Zum Inneren des Gebäudes

Nach dem Aufmessen der Räumlichkeiten und dem Erstellen eines Grundrissplanes zur Überblicksgewinnung wurde eine Durchnummerierung der Räume von Nordosten im Uhrzeigersinn vorgenommen, auf welche Nummerierungen sich innerhalb der Gesamtdokumentation bezogen wurde.  Es wurde ein Raumbuch mit fotografischen Einblicken und teilw. Detailfotos erstellt, in dem alle Räume mit jeweiliger Ausstattung aufgenommen wurden mit kurzer schriftlicher Beschreibung der Auffälligkeiten und ggf. Angaben mutmaßlicher Nutzung. Es bestehen zum Zeitpunkt der Raumbucherstellung insgesamt 20 Räume innerhalb des langgestreckten Gebäudes.

Beschreibung des Raumes Nr. 6

In Raum 6 der ehem. "Neuen Wäscherei" befinden sich insgesamt 17 umlaufende Dekorationsmotive an den Wänden, an Nord- und Südwand jeweils zwischen den Fensterachsen, an der Ostwand um die zwei Durchgänge herum, an der Westwand ebenfalls oberhalb der Durchgänge. Diese sind teilweise in Form von Stuckaturen, teilweise als Malereien sowie in Mischformen aus beiden Techniken ausgeführt, da die Malereien zusätzlich mit einem erhabenen Stuckrahmen versehen waren. Alle 4 Wände wurden im Zuge von Renovierungsarbeiten zwischen 1988/89 und 1994 vermutlich mit Pressholzplatten flächendeckend verkleidet/abgedeckt, worauf die regelmäßigen Dübellöcher (tlw. mit noch vorhandenen Holzdübeln) schließen lassen, auf denen entsprechende Lattungen verschraubt wurden, um die jeweiligen Verkleidungen aufzubringen. Zur Durchführung dieser Maßnahme wurden die bis dahin sichtbaren Malereien gleichsam perforiert und die erhabenen Stuckaturen abgeschlagen, damit nivelliert. Mit Abzug der Truppen wurden offensichtlich die Vertäfelungen bis hin zu allen der Konstruktion dienenden Materialien abgeschraubt und vielleicht mitgenommen.
Zum Zeitpunkt unserer Untersuchungskampagne zeigten sich die Malereien folglich wiederum im "freigelegten", allerdings gleichsam ruinösen Zustand. Die Farbschicht rollt sich auf und blättert sehr stark ab aufgrund mangelnder Anbindung an die darunter befindliche, völlig unterbundene, stark pudernde zitronengelbe Leimfarbenmalerei und den dramatischen klimatischen Bedingungen aufgrund der offenen Fenster und jahrelangem Leerstand.

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Offensichtlich wurde ca. die Hälfte des ursprünglich geplanten Wirtschaftsgebäudes realisiert, nämlich nur der östliche Bereich einschl. des Mittelrisalits, und dieses nur eingeschossig mit Fertigstellung des abdeckenden Kappengewölbes. Die heute noch bestehenden Fenster können bis 1945 eingebaut worden sein als Voraussetzung für den Innenausbau. Das Verputzen des Innenraums (mindestens im Raum 6 als großen Hallenraum) ist erfolgt bis oben zum Kappengewölbe. Auch ein insgesamt weißer Anstrich im gesamten Raum, der sich vermutlich über den gesamten Gebäudetrakt bis zum Mittelrisalit erstreckte, einschließlich der Decke wurde vorgenommen. Direkt daraufhin nach Übernahme durch die Sowjets allerdings erfolgte in den nächsten Jahren die Untergliederung in eine Vielzahl von Räumlichkeiten durch Einstellungen von raumtrennenden Mauern und der Konstruktion zur Abhängung der Decke und damit einhergehende erste farbliche Gestaltung im Raum 6. Das gesamte Gebäude wurde entgegen ursprünglich geplanter Nutzung als Wäscherei von den Sowjets als Küchen- und Kantinentrakt umgewandelt und für diese Zwecke entsprechend räumlich umgebaut und ausgestattet. Im Laufe der Zeit sind einige Anstriche bzw. in den Wirtschaftsräumen auch die Anbringung von Fliesenspiegeln erfolgt, welche Maßnahmen nicht konkret zeitlich einzuordnen sind. Sicher datierbar durch noch vorhandene Signaturen ist die jetzt rezente Farbschicht mit Malereien und Stuckaturen aus dem Jahre 1986. Die letzten Malereien an der Westwand wurden 1988 ausgeführt. Direkt danach wurden die flächigen Wandverkleidungen aufgebracht, zu deren konstruktiver Vorbereitung sämtliche Wandbereiche mit Dübellöchern in systematischer Reihung perforiert wurden. Mit Abzug der Sowjetischen Truppen wurden diese wiederum abgenommen, so dass sich heute der gestalterische Zustand von 1986 – 1988 zeigt.

 

Veröffentlichung

Eschebach, Tjalda (2020): Das Gebäude der ehemaligen "Neuen Wäscherei" in Ravensbrück. Eine Bestandsaufnahme und Untersuchung der historischen Farbigkeit. In: Petra Fank (Hrsg.), Sabine Arend (Hrsg.): Ravensbrück denken. Gedenk- und Erinnerungskultur im Spannungsfeld von Gegenwart und Zukunft, Berlin 2020, S. 48 – 56. Zusammenfassung

Projektbeteiligte

Projektbetreuung

Dipl.-Rest. Tjalda Eschebach
Werkstattleiterin Konservierung und Restaurierung – Wandmalerei

Projektvermittlung

  • Dr. Insa Eschebach
  • Dr. Sabine Arend

Studierende

  • Lis Mette Eggers
  • Hans-Christian Klein
  • Margarete Piehl
  • Kilian Wachowiak